Jenny Brosinski – Interview

Kunstforum International / „Abstrakte Malerei heißt auch, einen Halt zu verlieren“ /

Jenny Brosinski hat ihren festen Platz in der neuen, abstrakten Malerei gefunden. Sie prägt die Ästhetik einer jungen Generation, die sich von ihren Vorgänger*innen, wie von den amerikanischen, abstrakten Expressionisten, abhebt. Brosinskis Stil lässt sich als expressiver Minimalismus oder auch als dirty Minimalismus bezeichnen. Ihre Arbeiten sind gestisch und sinnlich, aber auch extrem cool und leicht. Figürliche Elemente tauchen immer mal wieder an unerwarteten Stellen auf, mal sind es Schriften, mal Tiere oder halbe Comic-Figuren. In ihrem Atelier in Berlin-Weißensee traf ich die Künstlerin, die stets in einem blauen Mechaniker-Overall die Tür aufmacht. Neben einem Bodengelage aus Farben und Sprühdosen, verteilte sich auch jede Menge Spielzeug von ihrem Sohn. Dazwischen überlegte sie gerade, was ihr neuestes Bild noch braucht, um fertig zu werden.

Larissa Kikol: Mich interessiert, wie es anfing. Wie kamst du zur abstrakten Malerei?

Jenny Brosinski: Ich habe zuerst nur figürlich gezeichnet, auch viele Portraits. Aber relativ schnell, so mit 16 oder 17 Jahren, verlor ich daran das Interesse. Das war plötzlich etwas wie eine Beschäftigungstherapie. Und dann war für mich diese Art zu Zeichnen auch einfach erschöpft; ich hätte ja auch Fotos machen können. Ich wollte irgendwie wieder zurück zu den Wurzeln, mir eine Freiheit zurückerobern, die ich ganz früher ja mal hatte, als ich weniger wusste.

Du meinst als Kind?

Ja. Wo du ganz unbedarft und aus dir heraus so ein Zentrum für dich erfasst. Also auf dem Papier. Kinder fangen ja irgendwo an. Manchmal in einer Ecke, mal in der Mitte, und dann entwickeln sie ihre Spur. Ich fand das sehr interessant zu sehen, wie ich auf dem Papier oder auf der Leinwand mit Leerstellen umgehe. Also Leerräume im Bild. Und welche anderen Räume fülle ich? Das war für mich immer ein Thema. Auch im Studium hatte ich das Gefühl, dass ich die Bilder nicht voll machen kann. Ich fragte, warum das nicht geht bei mir. Das hat mich auch genervt, dass sich das körperlich auch total komisch für mich anfühlt.

Dann, kurz nach dem Studium, habe ich mir gesagt, dass ich mich dem jetzt stelle. Neun Monate lang war meine Aufgabe die Bilder voll zu malen und das auch auszuhalten.

An meinen Bildern kann ich schon ablesen in welchem Zustand ich da selbst war und welche Formen von Energien da waren.

Eine tapfere Aufgabe. Und genau die Dauer einer Schwangerschaft. Was kam dabei heraus?

Es sah ok aus, fand ich. Aber ich habe die Leinwände dann abgespannt und bin mit ihnen in den Waschsalon gegangen. Da gab es diese großen 20-Kg-Maschinen, in die ich sie reingestopft habe. So ging meine Floating Memories Serie los. Ich holte mir den Freiraum zurück, indem ich etwas wegwusch. Ich befreite die Bilder wieder, von all den Jenny-Schichten. Das war mir zu viel und ich hatte das Bedürfnis endlich wieder atmen zu können. Also in die Waschmaschine damit. Ich wusste ja auch nicht, was dabei herauskommen würde. Außerdem hatte ich eine wahnsinnige Angst, dass wegen mir die Maschinen kaputt gehen. Also hielt ich mich da inkognito auf. Mit Sonnenbrille und Mütze. Es stand ja überall auf den Schildern, was man nicht waschen darf. Keine Hundedecken, keine chemischen Sachen. Aber gut, direkt von Farben stand da nichts. (…)

Zum ganzen Interview: https://www.kunstforum.de/artikel/atelierbesuch-bei-jenny-brosinski/