Neo Rauch und Rosa Loy – Interview

Kunstforum International /

Titel: „Wir reden nie über Inhalte“

Auszug:

Rosa Loy und Neo Rauch sind Künstler und ein Ehepaar, was man eigentlich nicht mehr vorstellen muss. Als legendäre Vertreter*innen der Neuen Leipziger Schule machten sie ihre figürlichen, surrealen Bildkosmen weltberühmt. Rosa Loys Frauenbilder richten sich nicht nach modischen Trends oder aktuellen Debatten im Feminismus, sondern stellen die Weiblichkeit zeitlos ins Zentrum. Es sind Frauen, die ( meistens) beschäftigt sind und doch auf verwunschene Weise mit ihrer Umwelt seelisch verbunden bleiben. Neo Rauchs Theaterdramen aus historischen und neuen Figuren, Drachen, Fabriken und Wäldern, lassen die Weltkonstruktion nie in völliger Sicherheit ruhen. Was passieren kann, bleibt ein aufziehendes Rätsel, das sich im Zeitgeschehen nicht lösen lassen will. Beide Maler*innen knüpfen nicht an aktuelle Schlagzeilen an, sondern suchen davon losgelöste Schiffsrouten, auf die sie ihre Bilder schicken. Auf die Betrachter*innen können ihre Werke höchst surrealistisch wirken. Sie selbst ordnen sich aber nicht als Surrealist*innen ein. Im Gespräch begehen wir einige ihrer Arbeiten, sprechen über Spiele aus der Kindheit, das Besondere der Ateliernachbarschaft und gehen der Frage nach, ob Malerei auch ein erwachsenes Spiel sein kann.

LK Sie sagten einmal, ihre Figuren seien Marionetten, die auf den Spieler warten.

NR Der Spieler ist im günstigsten Fall der / die Betrachter*in. Ich bin der Hervorbringer, der Schnitzer, ich habe sie geschnitzt. Ich stelle sie den Betrachter zur Verfügung, um daraus ein Stück zu entwickeln dessen Prämissen ich schon festgelegt habe. Ich habe die Pflöcke schon eingeschlagen, innerhalb derer sich das Drama, die Tragödie, die Komödie abspielen soll. Und jetzt ist es am Betrachter diesen Impuls aufzunehmen und sich einen Reim auf die Geschichte zu machen.

LK Wie ist das bei ihnen? Ihre Frauen haben immer viel zu tun.

RL Kennen Sie eine Frau, die nichts zu tun hat?

LK Sollen diese Tätigkeiten dann auch konkret gelesen werden?

RL Wir haben ja nicht alle die gleiche Bildersprache. Ich kann nicht festlegen, was andere in meinen Bildern sehen. Ich bin aber froh, wenn die Betrachter ihren Augen trauen. Und das sehen, was für sie gerade aktuell ist. Im Museum bei den alten Bildern ist das ja genau so. Das ist das schöne, dass Bilder nicht so eindimensional zu sehen sind. Ich biete nicht eine Geschichte an, wie ein Protokoll. Sobald zwei Figuren auftauchen, gibt es einen Dialog, der Betrachter ist dann die dritte Figur. Mehr kann ich gar nicht festlegen.

LK Dieses Bild hier Handhilfe interessiert mich. Was passiert da?

RL Es gibt verschiedene Gründe, warum einem die Hände gebunden sind. Sie sind gebrochen, sie haben eine Sehnenscheidenentzündung oder man will etwas neues Lernen, ein neues Handwerk. Das wollte ich im Detail gar nicht klären. Daher auch der Schmetterling. Die Verwandlung.