Vortrag an der Medical School Hamburg

Kulturwerkzeuge – Zwischen Kunst und Nicht-Kunst // Department Kunst, Gesellschaft und Gesundheit.

Einleitung:

„Muss Kunst oder kann sie nicht? Um diese Frage wurde gestritten, im 20. Jahrhundert genau so wie heute. Ausformuliert heißen die Fragen: Muss Kunst politische Stellung beziehen? Oder kann sie gar keinen Einfluss auf die Bevölkerung ausüben? Ist sie machtlos oder ist sie verpflichtet? Um diese Fragen dreht sich alles, zumindest ein Großteil der aktuellen Debatten in der Kunst- und Kulturwelt.

Dieser Vortrag basiert auf meinem Themenband Politik, Ethik, Kunst bei Kunstforum International, den ich 2018 herausgab. Einige Passagen lehnen sich an meine Essays Nett geknebelt und Kulturwerkzeuge statt Kunstwerke an. Hinzu kommen neuere Recherchen und Beispiele, mit denen ich mich seitdem befasste.

Muss Kunst oder kann sie nicht?

Bevor wir uns dieser Frage stellen, soll ein kurzer Blick auf die Argumente der Befürworter und der Kritiker geworden werfen.

1948 lieferten sich die zwei deutschen Künstler Karl Hofer und Oskar Nerlinger ein Argumentationsduell in der Berliner Zeitschrift bildende kunst. Beide schrieben einen Essay: Kunst und Politik stammte von Hofer und sah die politische Kunst kritisch. Politik und Kunst verfasste Nerlinger, der sich für den politischen Einsatz von Künstlern aussprach.

Karl Hofer begann. Nach ihm könne nur noch die Grafik, die Illustration, politische Kunst sein, nicht aber die Malerei. Niemand würde wegen eines Gemäldes auf die Barrikaden steigen. Gab es diese Zeit einmal, vielleicht bei der Malerei über christliche Mythen, seien diese Tage längst vorbei. Bildliche Darstellungen in der bildenden Kunst lösen keine aktiven Handlungen bei den Betrachtern aus. Das können nur noch andere Kunstformen schaffen, wie das Theater, die Literatur oder der Film. Aber nicht mehr die bildende Kunst. Wer dies noch behaupte, der sei ein Hochstapler.

Dagegen schrieb Oskar Nerlinger: Die abstrakte Kunst sei inhaltsleer geworden und adressiere sich nur noch an einen kleinen elitären Club, der zu ihr Zugang findet. Der Künstler aber müsse von seiner Abseitigkeit in die Mitte des Volkes gehen. Er dürfe die politische Aktion nicht nur malen, sondern müsse sie vor allem zu erst selbst ausführen. Der Künstler soll auf die Barrikaden gehen, soll kämpfen, dann würde auch seine Kunst authentisch politisch werden.

Wer von beiden hat Recht?“

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Bilder: (C) MSH

mehr Infos: https://www.arts-and-change.de/projekte-weiterbildung/workshops/brown-bag-lunch-talk/