Starter Floryan Varennes

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„Futuristische Artefakte aus dem Mittelalter – die wahrscheinlich erste Assoziation zu Floryan Varennes Werken. Mit dem Mittelalter, den Rittern und ihren Rüstungen setzt sich der Künstler auch aktuell in seiner Doktorarbeit auseinander. Seine Forschung macht gleichzeitig seine bildhauerische Themenwelt aus. Umgesetzt werden die Rittermasken, Abzeichen und Waffen allerdings durch zeitgenössisches Material aus der Medizin und Orthopädie. Schläuche, Haltegurte und Schlingen benutzt er neben medizinisch-technischem Kunststoff. Ritter und Intensivstationen, Krieg und Krankenhaus, Das sind keine Gegensätze für Varennes, sondern zwei Seiten derselben Medaille. Verletzungen, Wunden, Körper sind die wahren Sujets seiner Arbeit, die aber niemals konkret als Figur auftauchen. Trotzdem sprechen die Masken in der Installation Le Baiser oder La Meute gerade die Körperwahrnehmung des Betrachters an. Wie würde man sich dahinter fühlen? Was macht die transparente, heroische Verkleidung mit dem eigenen Selbstbewusstsein, besonders wenn der Krieger sich anhand der Schläuche schnell als Beatmungspatient entpuppt? Natürlich werden aktuelle Interpretationen auf die Pandemie-Situation bezogen. Doch Varennes setzt sich schon länger mit dem Körperbild in physischen Therapieverfahren auseinander. Schmerzen und Heilung liegen hier beieinander. Verletzt man sich zum Beispiel an der Schulter, wird der Körper in einer bestimmten Haltung fixiert. Kontrolle der Form und der Kontur – eben auch eine bildhauerische Tätigkeit. Die hierfür benutzten Schlingen und Gurte arrangiert er zu abstrakt wirkenden Wandobjekten, die Discipline heißen. Sie erinnern an erotische Ornamente aus Leder. In Wirklichkeit stammen die Muster jedoch aus einer mittelalterlichen Kriegstradition: Die Sieger nahmen den Verlierern ihre Schwerter ab und hängten sie in einer dekorativen Anordnung als Trophäen an die Wände. Varennes Ästhetik ist eine edle und glamouröse. Umso härter erscheinen die Verweise auf Krieg und intensivmedizinische Behandlungen. Eine unheimliche, aber wirkungsstarke Formsprache. „