Kunstzeitung / Meine Antwort /
Die Kunstzeitung fragte mich wie es sei, als weibliche Kunstkritikerin zu arbeiten und wie es mit der älteren Generation funktioniere….
Ich habe nie einen Unterschied zwischen
weiblicher und männlicher
Kunstkritik gemacht. Von meinem
Mentor Wolfgang Ullrich lernte ich,
dass immer nur die Argumente zählen:
die der anderen, die eigenen, und
wie man sie gegeneinandersetzt. Er
ermutigte mich, mir eigene, fundierte
Meinungen zu bilden. Vielleicht haben
aber nicht alle Frauen das Glück, solch
eine inhaltsfokussierte und ansonsten
offene Ausbildungssituation zu genießen.
In meiner jetzigen Berufswelt
spielt für mich das Geschlechterthema
unter Kollegen keine Rolle. Ich will
nicht für mein Frau-Sein wahrgenommen
werden, sondern für meine Arbeit.
Daher finde ich auch die Anfrage der
KUNSTZEITUNG nicht unproblematisch.
Die „innovativen“ Themenerfindungen,
die gerade wieder grassieren,
beispielsweise „Frauen in der Kunst“
oder „Frau und Kultur“, gehören genauso
wie „Frau und Beruf“ zurück
in das 20. Jahrhundert. Ich bevorzuge
den sportlichen Wettkampf und teambasierende
Loyalität, egal mit welchen
Geschlechtern.
Schwierigkeiten können mit sehr
viel Älteren entstehen – das ist aber eher
geschlechterunabhängig und liegt an
den Generationen. Da müssen Jüngere
oft hart um Platz, Gehör und Respekt
kämpfen, gerade wenn sie etwas anders
machen und Verantwortung übernehmen
wollen. Faszinierend finde ich
diese jugendliche Aufbruchstimmung
und ihren starken, manchmal auch
naiven und trotzigen Glauben daran,
alles verändern zu können. Ein bisschen
davon habe ich mir noch bewahrt.
Aber ich freue mich auch auf den Tag,
wenn ich einmal zur alten Riege gehöre
und der junge Nachwuchs zu provozieren
anfängt. Ein Generationenkonflikt
gehört zu einer demokratischen Gesellschaft
dazu und fördert Innovation
und Erfindergeist.