Ocean – Höchste Potenz, von oben gesehen

mare die Zeitschrift der Meere// Essay über Andreas Gurskys Ocean-Serie, Erhabenheit in der Kunstgeschichte, Greenpeace und visuelle Strategien für den Umweltschutz

… Wollen Umweltschutzorganisationen entsprechende Bilder generieren, sehen sie sich folgendem Problem ausgesetzt: Wie kann die Idee Umweltschutz visualisiert werden? Wie bringt man Menschen dazu, sich zu engagieren, auch wenn sie die Folgen ihres Engagements nicht direkt sehen oder erleben können?

Greenpeace ging eine Kooperation mit dem Pianisten Ludovico Einaudi ein, für die er auf einem schwarzen Flügel auf einem Eismeer in der Arktis spielte, während vor ihm Eispartien von den Gletschern abfielen. Diese Performance wurde als Video verbreitet und soll zum Schutz der Arktis motivieren. Ganz deutlich werden hier Theorien zum Erhabenen erneuert. Die Klaviermusik unterstreicht die erhabene Landschaftskulisse nicht nur, sie verleiht den Eisbergen eine wirkungsvolle Stimme, das menschliche Zutun erhöht ihre sinnliche Erscheinung. Der Philosoph Martin Seel spricht von der Ästhetik des Erhabenen, als ein affektives Zurückgeworfensein auf den eigenen Standpunkt. Der Betrachter des Videos sieht einerseits die Unheimlichkeit und Bedrohlichkeit dieses, für den Menschen unwirtlichen Ortes, es herrscht eine kurze Bedeutungs-Leere des eigenen Daseins vor. Die Präsenz des Pianisten, also die ‚übernatürliche‘ Leistung des Künstlers, dort Kunst zu schaffen, ist die erste Hilfestellung, diese Leere zu einem dramatischen, erhabenen Genuss zu überführen. …

ganzer Essay: Mare, Nr. 133, https://www.mare.de/zeitschrift/mare-no-133-008422