Moses & Taps – neue Publikation

Essay / Katalog / Moses & Taps: Für ihr neues Künstlerbuch schrieb ich den Essay „Katholizismus“

Auszug: „Als das Fenster fertig war, entwickelte sich ein Glaubensstreit. Der bunte Lichtschein schien die Gemeinde zu spalten: Tradition stand gegen Regelbruch, Figürliches gegen Abstraktes.  Für die einen ist es ein betörendes, sakrales Licht, für die anderen ein törichter Akt eines Besserwissers. Der Kardinal wollte nur ein Fenster akzeptieren, das den Glauben wiederspiegle. Der Künstler hingegen wollte sich durch das didaktisch katholische Regelwerk nicht einengen lassen. Anstatt einen Teil der katholischen Geschichte figürlich darzustellen, entschied sich Gerhard Richter 2006 bei dem von ihm gestalteten Kölner-Dom-Fensters für ein abstraktes Farbmuster. Am 25. August 2007 wurde es (dennoch) während einer Messefeier eingeweiht. „Aber wie sähe eine katholische Gestaltung aus, die nicht plagiatorisch die Historie beschwört und nicht kunstgewerblich ist?“, so zitierte man den Künstler damals, der nichts bereute.

Moses und Taps stellen sich seit langem ähnliche Fragen. Wie kann weitergearbeitet werden ohne sich der traditionellen Graffiti-Historie aus figürlichen Namen und Buchstaben zwingend unterzuordnen oder gar noch schlimmer, kunstgewerbliche Street-Art mit didaktisch korrekten Kulleraugen zu produzieren?

Die beiden sind weder streng katholische Sprayer noch gewerbliche Pädagogen. Aus diesen Gründen stehen sie oft vor denselben Herausforderungen und Emanzipationsmöglichkeiten, wie die klassischen bildenden Künstler auch. In ihren verschiedenen Werkserien beschritt das Duo konstant unorthodoxe Wege in die freiere Graffiti-Malerei oder die Graffiti-Konzeptkunst. Ohne den historischen Katholizismus völlig aufzugeben, gelang es ihnen trotzdem sich hierdurch eine autonome, künstlerische Position zu erarbeiten. Moses neue Serie SCRATCHITI reiht sich hier ein. Inspiriert ist die Glasarbeit durch das Licht, das durch die bemalten Fenster eines Wholecars nach Innen in den Zug fällt. Für ihn ein kirchliches Lichtspiel.“

Mehr Infos: http://thegrifters.org/