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„Es zischt. Der industrielle Raum wird gelb angeleuchtet und ist leer. Der Besucher hört dezidierte „Sch“-Geräusche in Dauerschleife. Mal kürzer und höher, mal energischer und lauter. Die Sound-Installation von Friedrich Andreoni setzt sich mit der Ambiguität dieses konnotierten Lautes auseinander. Das Sch kann von einer Mutter stammen, die ihr Kind liebevoll beruhigen will. Andererseits wird es auch als strenge Ermahnung eingesetzt, beispielsweise in Kinos oder in Gottesdiensten. Im Loop wird die sprachliche Geste so lange wiederholt, bis die potentielle Intention des Geräusches mit seiner Abstraktion konkurriert. Trotzdem scheint kaum ein Besucher gegen die Sch-Aufforderung zu verstoßen.
Andreoni arbeitet hauptsächlich mit Soundinstallationen in einem minimalistischen, konzeptuellen Ansatz. In der Arbeit Parallele Prozesse baute er zwei Schiffsschrauben in einem betonierten Raum auf, stellte zwei Mikrophone vor sie und verstärkte ihre Geräusche durch die Lautsprecher. Plötzlich fühlte man sich wie in einem U-Boot oder in einem Maschinenraum. Die Schrauben „verletzten“ die Leere des Raumes, aber die Geräusche verliehen ihm eine maschinenbetriebene Vitalität.
Performative Akte machen den anderen Teil von Andreonis Werksprache aus. Mal stellt er sich in den leeren Stock Exchange Trading Room des Art Instituts of Chicago, ein Nachbau aus einem ehemaligen Börsengebäude, und schnippt unangenehm mit den Fingern. Zwei Minuten lang, bis die mahnende Uhr über ihm 12 schlägt. Oft benutzt er Feuerlöscher, die er mit Gipspulver füllt. Wenn er den weißen Staub versprüht, entsteht zuerst eine voluminöse Wolkenspur, die bei ihrer Ausdehnung eine haptischere Raumwahrnehmung initiieren. Andreonis Wurzeln liegen aber in der Bildhauerei. In Harmonien des Hässlichen installierte er in der Mitte eines Flures schiefe, astähnliche Rohre. Das Schwebende, leicht Gebogene wirkt elegant, wie eine freie Strichzeichnung in der Mitte eines weißen Blatts Papier. Das performativ „Unschöne“ taucht dann auf, wenn menschliche Körper sich unelegant verbiegen müssen, um den Flur in seinem ursprünglichen Zweck zu durchschreiten.“