Künstlerbuch Philip Grözinger

Mein Essay „Es ist allein“ in: Philip Grözinger – The Solitude of Low Touch.

Auszug:

„Wie bist du zuhause zwischen die Wände geraten? Wer hält die Wände aus, die vorher einen selbst aushalten mussten? Wann entstand die Sinnsuche auf dem Fußboden? Die kreisende Selbstanalyse auf der Carrera-Bahn? Netflix wurde zum Alkoholersatz. Die Konfrontationstherapie setzte beim Alleine-Ping-Pong-Spielen ein. Das Wohnen verkam zum Hausen. Das Sich-Zurück-Ziehen zum chronischen Husten. Dabei ist es zuhause doch am schönsten. Vor allem, wenn einen keiner sieht. Beim Bügeln kann man Rotwein trinken. Beim Lesen kann man fernsehen. Beim Baden muss man sich nicht Waschen. Beim Reparieren kann man Kaputtmachen.

Philip Grözinger hat alles durchgemacht. Nicht als Ausnahme, sondern als einer von Millionen Menschen, die im März und im April des Jahres 2020 zuhause blieben. Ausgangssperre, Kontaktverbot, Homeoffice, Coronavirus, Kita-Schließung. Jeder weiß, wie es war. Erklärungen sind überflüssig. Philip Grözinger suchte sich einen Freund: Das Wesen. Jeden Tag lebte es zwischen den Wänden. Jeden Tag war es tapfer und tat Dinge.

Am 16. April malte es Flugzeugteile von Revell an. Am 14. April schaute ein Affe durchs Fenster, während es Pfeile auf ein Zahlenraster warf. Am 1. April las es Die Zeit. Am 30. März legte es Berlin von Lou Reed auf. Am 28. März saugte es Staub. Am 25. März spielte es alleine Tischtennis. Begonnen hat alles am 18. März, der letzte Tag im Atelier. Da zeichnete es eine Linie. Es endete rot am 1. Mai. An diesem Tag musste es raus. […]“